Das Frühstück war wieder sehr gut im Hotel Arthur. Danach hatte ich noch fast eine Stunde, um mich für die 3. Bahnfahrt innerhalb des Interrail-Ticket fertig zu machen.
Aus Gründen der Sparsamkeit und weil ich denke, dass am Sonntag Morgen um 10 Uhr sowieso niemand Zug fährt, reserviere ich mir keinen Platz. Das setzt mich dann 2 Stunden später gut in Bewegung. Bei fast jeder Station muss ich meinen Platz wechseln. Leider werden bei den Sitzen keine Reservierungen, wie bei uns in Deutschland, angezeigt.
Aber das hat auch sein Gutes, dadurch lerne ich Jouni kennen. Er wohnt in der Nähe meiner Unterkunft und war mit Kaarina, der Vermieterin meiner Unterkunft, gemeinsam im Kirchenvorstand.
Ich sage es immer wieder, die Welt ist klein.
Dadurch muss ich mir auch keine Gedanken machen, wie ich dorthin komme, weil Jouni und ein Freund mich mitnehmen werden. Es liegt für sie auf der Strecke.
Ausgeruht und gestärkt vom Buffett im Hotel mache ich mich daran einige der Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erlaufen. Aufs Geradewohl marschiere ich los und stoße als Erstes auf die Steinkirche. Der Eintritt kostet 8 Euro, das ist definitiv zu viel für eine runde, in den Fels gehauene Kirche. Aber ich gehe trotzdem hinein und betrachte ein russische Familie, speziell Mutter und Tochter, die im ständigen Wechsel neue Bilder in der Kirche machen müssen, in eigentlich immer der selben Pose, manchesmal auch mit dem gleichgültig ergebenen Männern.
Ich laufe weiter in Richtung Süden, dort gibt es eine Statue, die irgendwie für Weltfrieden und Gerechtigkeit stehen soll, micb aber eher an die Nordlichter erinnert.
Es ist trocken und kühl und so beschließe ich die Runde noch etwas größer zu machen. Ich komme am unvermeidlichen Vergnügungspark vorbei. Ich wusste es nur von Kopenhagen, dass es dort so etwas dauerhaft gibt, aber auch in Stockholm, Tallin und jetzt Helsinki hat solche Einrichtungen, Brot und Spiele.
Apropos Spiele: 1952 richtete Finnland die olympischen Spiele aus. Die Anlagen stehen noch. Dann komme ich durch einen kleinen Wald, in dem einige, brüchige Holzhäuser stehen, bin aber 10 Minuten später an den zahllosen Gleisen vor dem Bahnhof und 20 Minuten später an der modernen Stadtbibliothek, ein Tummelplatz für Alt und Jung. Ich durchlaufe einige Einkaufsstraßen und erreiche im Universitätsviertel die große Kathedrale. Diese kann man zum Zeitpunkt meines Besuchs aber nicht besichtigen und so laufe ich weiter zu einem kleineren Hafen und schlage nach knapp 14 Kilometern den Heimweg an.
Auf meinem Marsch durch Stadt habe ich ein Plakat gesehen, wonach heute Abend im Loose-Club ein Nachwuchswettbewerb stattfinden wird. Das klingt spannend und so mache ich mich nach einer kleinen Pause und anschließenden Stärkung bei einem Vietnamesischen Restaurant auf dem Weg dorthin. Der Wettkampf selbst findet im Keller der Loose-Bar statt. Also ich dort zeitig erscheine, ist gerade Happy Hour, ein 0,4l Bier kostet „nur“ 4.70 Euro. Ein wahres Schnäppchen.
Pünktlich um 19 Uhr startet das bunte Programm. Ein motiviertes Hipp-Hopp-Quartett macht den Anfang und gleich gute Stimmung. Danach kommen eine Punk-Rockband, wieder Rapper, dann christliche Rocker, Rapper, eine Hardrockband, Rapper und eine Hardcore-Band.
Eine sehr skurrile Mischung, ich komme mit ein paar Finnen ins Gespräch, die aber eher wegen auf der Suche nach Metal waren und daher über Abend wenig begeistert sind.
Gewinner des Emergenza-Festivals ist auch mein Favorit Nelosolut.
Gegen halb zwölf bin wieder im Hotel und über Amazon und ohne extra VPN das aktuelle Sportstudio schauen.
Heute steht also die vorletzte Reise für diese erste Woche an. Es geht mit der Fähre in zwei Stunden von Tallinn nach Helsinki.
Wie ich ja bereits gestern erwähnte, bedaure ich es, nicht noch eine Nacht länger bleiben zu können, aber dafür fahre ich erst am Nachmittag nach Finnland. Bei der Buchung der Fähre, bekomme ich den Hinweis, dass bei dieser Überfahrt sehr viele Studenten an Bord sein werden. So what, whoop, whoop, Party on. Naja, mal sehen.
Vorher schließe ich mich um 11 Uhr einer Stadtführung in Tallinn an. Ein bärtiger Engländer namens Dominic, der wohl schon einige Jahre in Estland lebt, bringt uns wunderbar leicht die umfangreiche Geschichte der Stadt nahe. Er redet ohne Unterlass, am Ende bedanke ich mich bei ihm und mache den Spass, dass ich froh bin, dass wir ihn nicht pro Wort bezahlen müssen.
Nach seinem Vortrag bedauere ich es noch mehr, dass ich nur einen vollen Tag in Tallinn war. Aber ich komme bestimmt nochmal wieder.
Gegen 15 Uhr fahre ich wieder zum Fährterminal, checke für die Überfahrt nach Helsinki ein und verstehe plötzlich den besonderen Hinweis bei der Buchung des Tickets.
Hunderte Jugendliche sind auch auf der Fähre, aber nicht um Party am Schiff zu machen, sondern, weil sie nach Tallin gefahren sind, um Alkohol für eigene Parties zu kaufen.
Jeder Sitzplatz auf der Fähre ist mit jungen Menschen, Jacken und Getränkepaletten blockiert. Ich probiere kurz auf der Fahrt ein wenig zu Bloggen, aber keine Chance Online zu arbeiten, wenn 500 Kids ihre Freunde über alles informieren wollen, dann habe ich keine Chance.
In Helsinki gibt es keine Kontrollen bei der Einreise, hier funktioniert Schengen noch. Ich habe die Befürchtung, die dass die Massen an „Schmugglern“ auch den öffentlichen Nahverkehr überlasten, dem ist aber nicht so. Die Studenten wollen alle nicht in die Innenstadt und so komme ich problemlos in die entsprechende Straßenbahn. Aus meinen bisherigen Erfahrungen leite ich ab, dass ich wieder in der Bahn mittels Kreditkarte mein Ticket kaufen kann, dem ist aber nicht so. In Helsinki muss ich entweder über eine App oder am Automaten ein Billet kaufen. Also wieder raus, 70 Meter zum Automaten und wieder zurück, aber der Zug hat gewartet.
Helsinki ist eine ganz andere Nummer als Tallinn. Es ist eine lediglich 200 Jahre alte Stadt, schon am Hafen beginnen die Hochhäuser. Hier sind es meist noch Büros, aber auch die Finnen in der Innenstadt leben in Hochhäusern.
Das Hotel hält mein Zimmer bereit, ich gehe noch schnell bei einem chineschischen Buffett Essen. Trinke dann ein zu teures Bier in einer Rockbar, die heute abend in der Hand des Turbonegro Fanclubs Turbojugend ist. Dieser Club hat wohl überall in Finnland Niederlassungen, die sich auf den Rückseiten der Kutten ablesen lassen. Beim Bierpreis sind wir wieder dicht an der 10 EUR Marke und daher gehe ich heute früh ins Bett.
Auch die Fahrt über die offene See war kein Problem und so komme ich pünktlich von der schwedischen Hauptstadt in die estnische Hauptstadt.
Nach leichten Orientierungsproblemen bei der Auswahl der Buslinie fahre ich in die Innenstadt. Auch hier ist es wieder sehr einfach. Man hält einfach seine Kreditkarte nach dem Einsteigen an das dafür vorgesehene Gerät und schon ist man kein Schwarzfahrer mehr.
Das Hotel in Tallinn dürfte das beste Hotel der Reise sein und gleichzeitig auch das preiswerteste. Es ist eine ehemalige Bank und Privathaus, der Innenraum hat sehr viele Jugendstil-Elemente. Zu meiner Enttäuschung ist mein Zimmer aber nicht in diesem Hauptgebäude, sondern einmal über die Straße, aber hier habe ich ein riesiges Bett und einen tollen Blick über die Dächer der Stadt.
Dast Wetter ist trocken und daher starte ich umgehend mit dem Stadtrundgang. Ich hatte am Morgen noch die Überlegung, dass ich wegen des günstigen Zimmerpreis um eine Nacht in Tallinn verlängere, aber als ich am Hafen die Größe der Altstadt sah, war ich mir sicher, dass man das Sightseeing in einem Tag schafft. Grundsätzlich ist das richtig und machbar, aber nach den ersten Schritten wurde mir klar, hier hätte ich besser zwei Nächte bleiben sollen. Aber in der ersten Woche habe ich doch ein straffes Programm und so hatte ich mich für zwei Nächte in Helsinki entschieden.
Die Esten wurden in den letzten 900 Jahren abwechselnd von den Dänen, Deutschen, Schweden und den Russen regiert. Erst in letzten Jahrzehnten ist man unabhängig und Mitglied in der EU.
Auch der Name von Tallin wechselte über die Jahrhunderte. Die längste Zeit galt der Name Reval, Revel, der heutige Name entwickelt sich aus den Dänischen Worten Dan Linn (dänische Burg) hin zu Tallinn.
An den den Gebäuden kann man zum Teil noch die einzelnen Phasen der Regentschaft ablesen. Man erkennt Gebäude aus der deutschen Hansezeit, Symbole der russischen Kirche, die eigentlich kein Herrscher dort haben wollte und Holzhäuser der Dänen und Esten.
Nach einer kurzen Mittagspause gehe ich am Abend auf die Piste und schaue durch die Menüs der Restaurants. Die Unterkunft war recht günstig, aber die Essens- und vor allem Getränkepreise haben schon gehobenes, deutsches Großstadtniveau. Aber so eine mittelalterliche Stadt hat natürlich ganz besonders eindrucksvolle Seiten bei Nacht, im Schein der gelben Laternen.
Auf meinem Rundgang entdecke ich dann ein einfaches Kovki (Kaffee), in welchem man und vor allem russische Spezialitäten bekommt. Russland ist, gerade auch im Hinblick auf den Ukraine-Krieg, nicht besonders angesehen, das sieht man auch an der russischen Botschaft, wo zahlreiche Protestplakate hängen und ständig eine „Politsei“-Abordnung steht. Aber ganz verdrängen lässt sich das russische Erbe nicht, schließlich sind mehr als 30 % der Einwohner Estlands Russen.
Bei den russischen Spezialitäten muss ich also zuschlagen, der Laden ist leicht schäbbig und die Preise sind günstig. Daher bestelle ich mir eine Borschtsch Suppe und eine Ladung Pelmeni. Alles wird für mich von einer schlecht gelaunten Köchin frisch aus dem Tiefkühler gekocht, mit ordentlich Dill garniert und heiß an den Tisch gebracht. Das Essen schmeckt wunderbar.
Herrlich, mit einem warmen Gericht im Bauch, ziehe ich weiter. In der Stadtmauer sehe ich zu meiner Linken den Hinweis Metal-Bar Barbar. Ok, die Jungs haben Humor, nichts wie rein.
Der Laden ist sehr klein, entsprechend sitzt dort nur ein einzelner, schweigsamer Gast und der Wirt hinter der Theke. Es werden über den Abend auch nie viele Gäste.
Nachdem der Schweiger verschwunden ist, kommt ein finnisches Paar herein, diese kommen aus dem Norden Finnlands, ich habe nicht verstanden, ob sie Lappen sind. Wie ich am Sonntag erfahren werde habe, ist diese Bezeichnung innerhalb von Finnland wohl noch politisch korrekt. Dieses finnische Paar bestellt sich zwei Getränke im Wert von 11.50 EUR, hat aber nur Scheine zum Bezahlen und wohl auch keine Kreditkarte dabei. Im Gegenzug hat der Wirt kein Wechselgeld. Also springe ich kurz ein und bezahle die 1,5 EUR. Die Finnen bedanken sich höflich, der Wirt verschwindet zum Nachbarn um Wechselgeld zu holen und ich versuche mit mittels Google Translator ein Gespräch ins Laufen zu bekommen. Aber welche Sprache die beiden auch immer sprechen, die Nutzung von vollständigen Sätzen gehört nicht zur Grundausstattung. Aber das kann natürlich auch an der Art der Diskussion liegen.
Als ich erzähle, was ich für die kommenden Tage plane, ruft der Finne schnell einen Kumpel in Nordfinnland an und fragt nach der Polarlichtwahrscheinlichkeit. Also im Helfen sind sie sehr groß. Mein nächstes Bier geht auf die Finnen, sie verlassen aber danach sofort die Bar. Ob das wohl auch an mir liegt?
Kurze Zeit später geht wieder die Tür auf und ein stürmisches Paar, offensichtlich Esten, kommt herein. Beide schon sehr gut unterwegs. Der Mann gibt an, dass er Geburtstag habe, so gibt erstmal eine Lokalrunde. Ok, es sind ja nur 4 Leute. Mit dem Geburtstag feiern nehmen sie es auf jeden Fall ernst, er läuft schon ständig ohne Hemd durch den Laden und sie untersuchen intensiv gegenseitig der Mund und Rachen. Sie erzählen uns, dass sie eine kleine Tochter haben und diese heute von einer sehr attraktiven Babysitterin versorgt wird. Außerdem sei er Werbefilm-Produzent. Da mache ich mir also keine Gedanken, wenn ich keinen zurück ausgebe. Zumal mich Johannes, der Wirt, diese Situation schon sehr viel früher erkennt und mich bremst die Leute aus Höflichkeit einzuladen.
Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, Johannes und ich freuen uns über die Ruhe.
Die nächsten Akteure in dieser kleinen Bühne sind ein junges Paar aus Dänemark. Wir finden schnell eine Basis zum Quatschen und trinken ein paar Mintuu-Pfefferminz-Schnäpse.
Doch wie im guten Drama, kommt kurz vor Dientschluss noch die Reprise. Der estnische Filmproduzent taucht wieder auf. Diesesmal aber ohne seine Size-Zero-Blondine. Er ist am Boden zerstört, er würde sie nicht mehr finden, sie sei verschwunden. Johannes, der immer von hinter der Bar die Straße im Blick hat, meint gesehen zu haben, dass sie vor ihm weggelaufen sei. Sein übersteigerter Alkoholgenuss schränkt auch deutlich seine Fähigkeit ein, dass wir eine gemeinsame Sprache nutzen. Irgendwann schafft es Johannes, dass das vermeintliche Geburtstagskind die Bar verlässt.
Auch das dänische Paar macht sich auf den Heimweg und ich schließe mich an. Fast …
Auf dem Weg in mein Hotel liegen dummerweise noch einige Karaoke-Bars. Eine nehme ich davon mit, aber so recht komme ich nicht in die richtige Tonart und daher schleiche ich geknickt in meine Unterkunft.
Beim Frühstück unterhalte ich mich Vater und Sohn aus Ochsenfurth. Beide machen einen kleinen Roadtrip durch Schweden.
Heute ist der letzte Tag in Schwedens Hauptstadt. Gegen 9.00 Uhr mache ich mich auf, um mit dem Bus zur Museumsinsel Stockholms zu fahren. Gegen halb zehn bin ich vor dem Vasamuseum.
Einlass ist um 10 Uhr. Das Gebäude ist ein großer Betonbau, der einzig für die große Attraktion der Stadt erbaut wurde. Hier ist das geborgene Kriegsschiff Vasa ausgestellt, welches aufgrund von Planungsfehlern nach seinen ersten 1000 Metern im Hafen von Stockholm sinkt und dort erst 330 Jahre später geborgen wird.
Im Museum erfährt man alles über den Bau, die Fehler und die Bergung und die aufwändige Restaurierung.
Natürlich kann man das Schiff aus allen Positionen von außen Betrachten. Vom Rumpf bis zu den Spitzen der Masten. Der imposante Bau des Museums passt sich dem Schiff an. Zwei Stunden bin ich im Museum unterwegs. Es gibt interaktive Ausstellungsstück, einen Audioguide, den man über das Handy abspielen kann. Eine runde Sache.
Das Wrack-Museum schaue ich mir auch noch an. ES beschäftigt sich mit der Bergung von Schiffen aus vielen Jahrhunderten innerhalb der Ostsee, oder wie man hier sagt, der baltischen See.
Das Museum ist kleiner, aber der Aufbau und die Didaktik ist auf dem neuesten Stand. Es macht Spaß sich über die Meeresarchäologie zu informieren.
Für den Rückweg nehme ich eine kurze Fähre und laufe die restlichen 3 Kilometer zum Boot, wo mein Gepäck noch auf mich wartet.
Die Busfahrkarten kauft man hier einfach, in dem man die Kreditkarte beim Einstieg an einen Kartenleser hält, fertig.
Leider versagt aus unerklärlichen Gründen mein Internet und ich merke, dass ich mich vielleicht hätte besser vorbereiten können. Ich wusste jetzt nicht mehr, ohne die Hilfe von Google. wo ich aussteigen musste. Aber der Bus bringt mich sicher zum richtigen Fährterminal.
Um 16 Uhr kann ich mit vielen anderen Menschen die große Fähre Baltic Queen entern, beziehe mein Zimmer mit Fenster.
Damit die Fahrt nach Estland nicht langweilig wird, gibt es hier ein reichhaltiges Unterhaltungs- und Essenangebot. Eigentlich wollte ich nur eine Kleinigkeit zur Nacht essen und beim Frühstück zuschlagen, aber letztlich bin ich dann doch wieder am Buffet gelandet, die Auswahl an nationalen und internationalen Gericht überzeugt mich. 6 Sorten Heringssalat, japanisches Essen und Frikadellen aus Fisch. Alles frisch und lecker.
Die Fahrt ist morgen um 10.30 Uhr zu Ende, ich muss aber aufpassen, da auf dieser Fahrt die nächste Zeitzone in Richtung Osten erreicht wird und mir damit eine Stunde Schlaf genommen wird. Die Handys haben sich auch schon umgestellt.
In der Nacht halten wir auf kurz in Marienhamn und hier habe ich ersten Kontakt mit Finnland. Ich dachte noch, dass aufgrund des Namens wir noch in Schweden sind. Aber denkste.
Nach dem Frühstück auf dem Boot laufe ich in die Stadt. Über Nacht hat es knapp zwei Zentimeter Schnee gegeben. Mit einem groben Plan laufe ich los. Meine Sightseeing Tour beginnt in der Gamla Stan, der Altstadt. Hier gibt es enge Gassen mit vielen kleinen Geschäften für Touristen. Diese öffnen wohl aber erst gegen 11 Uhr. Nach einiger Zeit in den Gassen der Altstadt, komme ich an einen Platz, wo einige Stadtführungen gerade halt machen. Auch ich schaue mich nochmal genauer um und siehe da, ich stehe vor dem Gebäude der Nobelpreis Akademie.
Weiter geht es zum Schloß der schwedischen Könige. Dieser hat an den Toren auch Wachen stehen, zu meiner Überraschung alles junge Damen.
Als nächsten Punkt laufe ich zum Nationalmuseum, von dort aus in den neuen Teil der Innenstadt. Der Schnee beginnt auch wieder zu schmelzen.
Langsam merke ich aber auch die gelaufenen Kilometer, doch bevor ich nicht den riesigen Turm des Rathauses aus der Nähe gesehen habe, will ich meine Runde nicht beenden.
Ab und an kommen einzelne Sonnenstrahlen durch. Das Rathaus hat wohl auch eine Ausstellung, aber dazu fehlt mir die Motivation. Außerdem habe ich Hunger. Zum Glück gibt es im Rathaus eine Kantine und ich bekomme eine typische schwedische Wurst mit Kartoffeln für einen fairen Preis serviert.
Am Abend laufe ich wieder zu Loch Ness, wo heute mehr Leute anwesend sind, ich aber vom Wirt freundlich begrüßt werde. Später kommt noch Mats dazu, mit dem ich wieder schnell in unsrige Konversation vom Vortag einsteige.
Er gibt mir auch den Tipp unbedingt das Vasa-Museum zu besuchen und das Wrack-Museum. Somit habe ich auch schon das Programm für den letzten Tag in Stockholm, wo ich spät am Nachmittag nach Tallin mit der Fähre reisen werde.
Zug-Reisetag-Nummer 2 beginnt heute. Ich starte früh in den Tag und hole mir mein Frühstück im zehnten Stock meines Hotels, gestern war die Aussicht besser.
Für meine Fahrt nach Stockholm muss ich laut der Interrail App noch eine Reservierung für 19 EUR machen. Da diese Reservierungen aber jeweils über der nationalen/lokalen Betreiber gemacht werden müssen, geht das nicht über die App, bzw. man wird aus der App auf die jeweilige Webseite geroutet. Das klappt aber so mittelprächtig, am Rechner ist es aber kein Problem und siehe da, hier kann ich auch noch 3 EUR sparen.
Nach einem kurzen Marsch zum Bahnhof fuchse ich mich kurz in Logik der Bahnanzeige und finde problemlos meine Zug, der mit erstmal ins schwedische Malmö bringt. Hier habe ich einen kurzen Aufenthalt und schaue, ob es im Kiosk hier noch dänische Western gibt.
Als wir pünktlich den Bahnhof in Malmö verlassen ist noch alles grün und die Sonne scheint.
Aber schon 20 Minuten später kommt der erste Schnee und seit 1.5 Stunden fahren wir durch eine weiße Landschaft, nicht komplett bedeckt, aber es ist erkennbar Winter.
Wie bereits erwähnt, reise ich in der ersten Klasse und einer der Vorteile ist, dass man sich kostenlos mit Kaffee, Tee, Wasser und Früchten versorgen kann.
Ich werde mir gleich mal eine Mandarine gönnen und damit den ganzen Zug einduften.
Gegen 15.30 erreicht unser Zug den Großraum Stockholm. Es fällt auf, dass im Gegensatz zu Kopenhagen hier noch sehr viel Wald steht.
Wir rollen dann durch einige Tunnel und siehe da, wir sind im Zentrum von Stockholm. Die Größe und die Pracht der Gebäude hatte ich so nicht erwartet.
Hier ist auch der Winter angekommen. Als ich aus der Tür des Bahnhofs trete, kommt mir ein kräftiger, kalter Wind entgegen. Schnell habe ich mich orientiert und laufe zu meiner Unterkunft, einem Boot, welches zum Hostel/Hotel umgebaut wurde und unterhalb des Stockholmer Stadtteils Södermalmen liegt und gegenüber des Stadthuset, dem Rathaus.
Das Zimmer auf dem Boot ist geräumig, die sanitären Anlagen sind dagegen sehr winzig, aber für den Preis von 25 €/Nacht will ich nicht meckern.
Den Abend will ich in Södermalmen ausklingen lassen. Ich laufe erstmal am Hafen entlang, bis ich nach etwas 30 Minuten endlich einen Aufstieg finde. Der gesamte Weg ist eine Baustelle, Stockholm scheint hier neu zu entstehen.
Zwischenzeitlich fängt es auch an zu schneien. Södermalmen ist die ehemalige Arbeitergegend und so stehen hier viele kleine Häuser vom Anfang des 20. Jahrhunderts und früher. Ich bin eigentlich schon wieder auf dem Rückweg zum Boot, da komme ich an einem unscheinbaren Pub mit dem Namen Loch Ness vorbei.
An der Theke sitzen sie langhaarigen alten Männer von Stockholm und so setze ich mich dazu. Es läuft angenehme Metalmusik und schnell kommen wir ins Gespräch.
Zwei Stunden später schließt der Pub und ich mache mich auf den überraschend kurzen Rückweg.
Das Wetter ist heute etwas trüb, aber es ist Murmeltiertag. Außerdem spielen die Dänen heute Abend um den Weltmeistertitel im Handball. Da werde ich mir also eine Sportsbar suchen und dann Red-White-Dynamite anfeuern. Im Falle eines Titelgewinns, so wurde mir gestern erzählt, würde man am kommenden Tag das Team mit 40.000 Menschen vor dem Rathaus feiern.
Das werde ich sicher nicht schaffen, ich leihe mir jetzt erstmal ein Rad und rolle ich durch Christiania, schaue mal, ob ich im Noma noch spontan einen Platz bekomme.
Das mit dem Rad ging schnell. Erst hatte ich noch überlegt, ob ich mir ein E-Bike miete, aber da waren mir die Kosten nicht ganz transparent und dann dachte ich mir, dass es bei der Kälte vielleicht schlauer ist, wenn ich selber mehr trete. Eine kluge Wahl, denn so konnte ich mein Tempo und damit die kühlende Wirkung des Fahrtwinds sehr genau dosieren. Von 7 Gängen habe ich maximal den dritten Gang genutzt und habe mit max. 10 km/h mir den Freistaat Christiania, den Copenhill und ein wenig Innenstadt angeschaut. In Summe 20 Kilometer.
Christiania ist ein Stadteil von Kopenhagen und dann auch wieder nicht, man hat den Status eines Freistaats, aber beim Betreten sind nicht alle weltlichen Güter abzulegen. Hier wird ein bunter, alternativer Lebensstil praktiziert und man hat eine Oase dicht am Zentrum. Zum Teil sind die Häuser direkt an den Kanälen gebaut.
Auch das ehemals beste Restaurant der Welt hat hier seine neue Bleibe gefunden, weit ab vom kapitalistischen Trubel und so kann man hier jetzt kostengünstig ab 500 EUR aufwärts Lunch auf experimenteller Basis bekommen.
Coppenhill
Hinter Christiania wird es wieder moderner und industrieller. Eines der berühmtesten Gebäude und schon von weiter sichtbar, ist der Copenhill. Irgendwie hatte ich in Erinnerung, es handele sich um ein Wohnhochhaus, aber als ich dort ankam und zur Aussichtsplattform mit dem Lift hochfuhr, da konnte man während der Fahrt ins Innere einer riesigen Müllverbrennungsanlage schauen.
Von Oben hat man natürlich einen tollen Blick auf Kopenhagen zur westlichen Seite und nach Osten in Richtung Ostsee. Malmö habe ich nicht sehen können, dafür war es zu trübe.
Was ich aber gesehen habe: Menschen, die am Sonntagnachmittag mit Skiern und einem Lift das schräge Dach als Freizeitattraktion nutzen. An diesem Tag lag kein Schnee, aber die Strecke ist mit Plastikmatten präpariert.
Danach rollte ich auf den sehr guten Radwegen wieder in die Innenstadt, ging mal kurz zum Aufwärmen ins Magasin Nord, das große Kaufhaus in der Innenstadt.
Nach vier Stunden am Rad beendete ich meine Rundfahrt und begab mich in meine kleine Hotelzelle. Dort lief schon die Vorberichterstattung zum großen Finale der Handballweltmeisterschaft, 4 Stunden vorher. Verstanden habe ich nichts, aber sei es drum.
Das Spiel um Platz 3 habe ich mir dann noch angeschaut, aber zum Finale wollte ich unter Leute.
Zehn Minuten entfernt, dicht am Jazz Club vom vorigen Abend, hatte ich eine Sportsbar gesehen und als dort eine halbe Stunde vor Spielbeginn eintraf, wurde in dem Moment lauthals gejubelt.
Zwei Gedanken, hat das Spiel schon früher begonnen? oder habe ich gestern zu viele Dänen auf ein Getränk eingeladen? Beide Ideen waren natürlich quatsch, aber in dem Pub saßen nur Fans vom FC Arsenal und die hatten schon in den ersten Minuten ein Tor geschossen. Im Keller des Pubs lief dann aber Handball, aber hier waren höchstens 20 Leute am Start und wie bei einer Meisterschaft des FC Bayern wollte unter den Zuschauern keine Euphorie entstehen, da das Spiel im Grunde vor dem Anpfiff entschieden war, aber es gab einige gute Szenen auf beiden Seiten.
Nach dem Spiel packte mich dann die Müdigkeit und so ging ich ins Hotel, bin beim Dschungelcamp eingeschlafen.
Dänemark kontrolliert inzwischen konsequent seine Außengrenzen. Der Zug stand für zehn Minuten an der Grenze.
Unser Abteil wurde nicht kontrolliert und kurz nach der Grenze lichtete sich auch der Nebel. Die restliche Fahrt fand unter klarer Sicht statt.
Die Fahrt über den großen Belt fand unterirdisch statt. Die Autos fahren über die Brücke, wobei die beiden Pfeiler den höchsten Punkt Dänemarks darstellen. Der Zug fährt aber durch einen Tunnel.
In Kopenhagen kam ich pünktlich an. Der Weg zum Hotel war überschaubar. Kurz das Wichtigste aus dem Koffer geholt und dann ging es zurück in die Stadt.
Ca. 15 Minuten entfernt hatte mir Google ein Brauhaus gemeldet, im Namen kommt Warpigs vor, also bin ich hin. Mit den Charme eines Fischladens fanden sich aber ganz viele Einheimische gerne ab. Also bin ich hier nicht falsch.
Das Essen war lecker, so dass ich hier die Grundlage für den Abend legen konnte.
Anschließend zog ich durch die Straßen und bin jetzt in einem Jazzclub gelandet und warte auf die Band. Es spielt die Kapelle A Plane to catch, cooler Jazz, flott vorgetragen.
Es ist kurz nach 13 Uhr und ich sitze in einem abgerockten EuroCity, in der ersten Klasse und fahre in Richtung der dänischen Hauptstadt.
Die Fahrt von Fulda nach Hamburg verlief ohne Besonderheiten und wir waren sogar 2 Minuten zu früh in Hamburg. An dieser Stelle also kein Bahn-Bashing.
In Hamburg war es eben noch sonnig und man sah vereinzelt ein paar Fussballfans von St. Pauli, Schalke und Augsburg am Bahnhof. So beginnt also meine erste reine Bahnreise in den Norden Europas.
Nach vielen Jahren, in denen Daniela und ich mit dem Auto, dem Flugzeug unterwegs waren, habe ich mich in diesem Jahr entschieden mit dem Interrail-Angebot zu reisen.
7 Fahrten in den kommenden drei Wochen habe ich für eine Fahrt in den Norden Finnlands eingeplant. Die Anreise bringt mich heute noch in Dänemarks Hauptstadt. Zwei Tage später reise ich von dort nach Stockholm. Auch dort werde ich zwei Nächte bleiben um dann mit einer Fähre nach Tallin zu fahren. Von dort aus ist es nur ein zwei-stündiger Sprung nach Helsinki, wo ich bis Sonntag bleiben werde, um dann nach Oulu in Nordfinnland mit der Bahn zu reisen. Oulu wird dann für eine Woche mein Homeoffice sein. Mein Gedanke war, dass ich so mir ein wenig Urlaub aufsparen kann, aber trotzdem Nordlichter in der Nacht jagen. So meine Idee und mein Wunsch. Die Vorhersagen hierzu sind vielversprechend.
In der letzten Woche habe ich eine der besten Bahnstrecken Europas ins Visier genommen und werde von Oslo nach Bergen und Retour fahren. Mal schauen, ob ich unterwegs noch Orte aus meinen Reisen aus den 90ern erkennen werde.
Ich sitze jetzt hier im erwähnten EC, mein holländischer Mitfahrer hat mir ein Getränk überlassen und ich schreibe Blog.
In ca. 2 Stunden werden wir den Großen Belt mittels einer Brücke passieren. Ich hoffe bis dahin lichtet sich der Nebel etwas und man hat was von der Aussicht.