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Chicago, Il – Cleveland, Oh

Ursprünglich wollten wir ja von Chicago aus mit dem Zug in Richtung Boston reisen, aber es war dann doch etwas teuer und auch die Reisezeiten waren gut und schlecht zugleich. Gut, weil man über Nacht im Schlafwagen voran gekommen wäre und schlecht, weil die Fahrt meistens während der Nacht stattgefunden hätte.

Wir hätten mit der Bahn gleich von Chicago nach Buffalo in einer Nacht fahren können. Da wir jetzt doch wieder den klassischen Roadtrip machen, haben wir uns bei der ersten Planung daran orientiert.
Bei näherer Betrachtung kam das aber nicht in Frage, schließlich hätte ja auch Schnee liegen können, so dass wir 11 Stunden Fahrtstrecke nicht an einem Tag hätten bewältigen können.

Aber bevor wir über die Straßen von Illinois, Indiana und Ohio rollen müssen ja erstmal unseren Mietwagen abholen.
Die Station ist nur 400 Meter von unserem Hotel entfernt und wir sind die vergangenen Tage bereits mehrfach daran vorbeigelaufen, da wir aber jetzt mit Gepäck unterwegs sind, machen wir eine größere Schleife, um nicht über rutschige Treppen mit den Koffern ins Straucheln zu geraten.

Im Vorfeld so einer Reise liest man ja auch die ein oder andere Rezension über alles mögliche, die Feedbacks zu dieser Vermietstation waren alles andere als positiv, regelrecht vernichtend. Daher liefen wir mit etwas Spannung in das winzige Büro, wo wir halbwegs freundlich begrüßt wurden.
Ein junger Kerl fragte kurz und nuschelig, ob wir für einen Abholung da seien. Ja, sind wir. Die notwendigen Papierarbeiten waren schnell erledigt, er machte auch keine Anstalten noch zusätzlichen Quatsch zu verkaufen, so dass wir 5 Minuten später in das Parkhaus liefen und hier unser Fahrzeug abholen.

Gebucht hatten wir ein Fahrzeug entsprechend einem Ford Mondeo. Also Spannung. Auf dem uns genannten Parkplatz stand aber keine Limousine sondern ein Jeep Compass.

Wir erhielten also ungefragt ein Upgrade. Eigentlich wollten wir ja diese Kategorie buchen, aber die Einwegmiete war deutlich teurer als für die Limousine. Glück gehabt.

Unser Handy-Navi bringt uns sicher aus der Stadt heraus, jetzt um 10 Uhr morgens ist der Verkehr auch sehr ruhig.

Unterwegs halten wir bei einigen Walmarts, um die Vorräte aufzufüllen. Das Wetter ist heute aber durchgehend bedeckt, unterwegs haben wir auch Schnee und Regen.

Interessant wird es als wir die ländlichen Regionen von Indiana durchfahren, hier sieht man links und rechts ständig gepflegte Farmen und oft ungewöhnliche Fahrzeuge mit sehr wenig PS.

Wir durchfahren also gerade Amish Land. Immer wieder sehen wir diese Kutschen, die Kutscher sitzen aber geschützt hinter eine Scheibe.
Funfact, die Kutschen müssen auch elektrische Beleuchtung haben, ein Nummernschild und ein Warnddreieck, wie man auf dem Bild oben sieht.

Mit der Zeit wird es dunkel und wir haben noch mehr als 100 Meilen bis Cleveland zu fahren.

Die Landschaft, die wir seit Stunden durchfahren ist Farmland, als wir dichter an Cleveland herankommen, wird es typisch amerikanisch dichter besiedelt, aber sehr ausufernd.
Autohändler sind hir so groß wie Ortschaften zwischen Hünfeld und Rasdorf.

Gegen halb halb neun sind wir an unserer Unterkunft und wenig später in einer Brauereigaststätte, wo wir essen und ein paar Quizfragen lösen, es ist Trivia-Night.

Chicago, Il – Blue Skies

Die letzten Tage war es zumeist bedeckt, heute morgen haben wir blauen Himmel und es ist auch gefühlt gleich wieder kälter. Wenn man zwischen den Hochhäusern nach oben schaut, dann rasen dort die Wolken vorbei. Es sieht aus wie im Zeitraffer, aber es ist Echtzeit.

Mit den geschenkten Tagestickets fahren wir als erstes nach Chinatown. Vivian, die Frau von Michael, die wir gestern zum Jazz-Konzert getroffen haben, hatte uns eine authentische China-Erfahrung hier in Aussicht gestellt, also nehmen wir einen Bus unweit des Startpunkts der Route 66 in Richtung Süden.

Im dortigen Chinatown gibt es sehr viele Restaurants und auch ein eigenes Stadttor, so wie wir es zuvor schon in Vancouver und San Francisco gesehen haben.

Wir laufen die Hauptstraße einmal ab, entschließen uns aber wieder in die Stadt zu fahren. Am Millenium Park steigen wir dazu aus der Metro aus und laufen nochmals zur Bohne.
Hier sind heute Bauarbeiter am Werk und verlegen rings um das Gebäude 2 Meter hoch Styroporplatten. Vielleicht soll hier noch eine weitere Eisbahn errichtet werden. Daniela hatte von einer Eisbahn gehört, die dort in der Nähe sein muss, auf welcher man in einem Rundkurs mit Steigung und Gefälle fahren kann.

Wir finden Rundkurs, setzen uns für eine halbe Stunde in die Sonne und lassen die Leute an uns vorbei schlittern.
Wir haben gestern über 30.000 Schritte gemacht und heute sind wir auch schon früh am Tag über 10k, da fällt es uns nach dieser Pause schwer, wieder in Schritt zu kommen.

Doch wir schaffen es natürlich und nutzen unsere Tageskarte für eine Fahrt in den Norden Chicagos. Dort gibt es einen Zoo, den man kostenlos besuchen kann. Das Wetter ist schön, daher nutzen wir die Gelegenheit.

Wir sind total begeistert von Google, denn man gibt einfach nur das Ziel ein und der Suchdienst spuckt aus, mit welchem Bus man von wo starten muss. Das klappt einwandfrei und auch die Ankunftszeiten der Busse werden korrekt angegeben.

So verlassen wir nach knapp 30 Minuten den Bus direkt vor dem Eingang des Zoos und können hier Zebras, chinesische Wollkühe, Löwen, Affen und Vögel beobachten.

Auf der Rückfahrt machen wir einen Stopp in Old Town Chicago. Hier sind die Häuser nicht so hoch wie in Downtown und alles sieht wohnlicher, lebendiger aus.

Hier machen wir Pause und essen eine Pizza, italian Style. Eigentlich wollten wir ja die typische Chicago Style Pizza, die Deep Dish Pizza essen, aber da sind die Meinungen gespalten. Die meisten Einheimischen essen diese nicht, sie ist oft zu mächtig.

Nach dem Essen fahren wir wieder ins Hotel, machen zwei Stunden Pause und entspannen die angestrengten Füße und Beine.

Schließlich haben wir ja noch den Besuch eines Comedy Clubs auf der Liste. Wir hatten hierzu einen Tipp eines Einheimischen bekommen, dass wir die Laugh Factory besuchen sollten.
Wie es der Zufall so will haben sie dort heute Abend eine Stand-Up Nacht mit jungen Nachwuchskünstlern aus Chicago und dem Rest des Landes.

Auch hier reisen wir wieder problemlos mit dem Bus in den Norden der Stadt.

Die Künstler sind sehr unterschiedlich, die meisten spielen damit, dass sie einer vermeintlich unterdrückten Minderheit angehören. Dem Großteil der kurzen Auftritte können wir folgen, aber viele Pointen verlieren wir dann durch Verständigungsprobleme. Es ist halt nicht nur die wörtliche Übersetzung, sondern es wird natürlich, wie bei uns in Deutschland auch mit Bedeutungsebenen in den Witzen gearbeitet, die sich dem Urlaubsamerikaner erstmal nicht erschließen.

Eigentlich wollten wir danach die Open-Stage Akteure anschauen, entscheiden uns dann aber dagegen und fahren etwas über 30 Minuten zurück in die Stadt, gehen nochmal in unsere Sportsbar in der Hubbard Street und beenden dann den Abend.

Chicago, Il

Trotzdem, dass erst gegen 2 Uhr ins Bett gefallen waren, wachten wir gegen 5.30 Uhr bereits auf. Da es schon ab 6 Uhr Frühstück im Hotel gibt, haben wir uns fertig gemacht und waren mit die ersten Gäste am Buffet.

Das Frühstück ist hier sehr nahrhaft, man kann sich auch leckere Waffeln backen. Wir wären keine Deutschen, wenn wir nichts zu meckern hätten, es gibt wieder nur Einweggeschirr.

Gestärkt treten wir kurz vor 8 Uhr auf die Straße und laufen zum Riverwalk, eine Flaniermeile entlang des Chicago River. Heute ist der 1. Januar und der Neujahrstag ist auch in den USA ein Feiertag. Außer ein paar Joggern und Hundebesitzern sieht man fast niemanden unterwegs. Es ist wunderbar ruhig, auch der Straßenverkehr ist äußerst reduziert.

Am Ende des Riverwalks gelangen wir an den Lake MIchigan. Wir folgen weiter der Uferpromenade, es ist kühl, aber da kein Wind geht, ist es auszuhalten.

Eigentlich wollten wir direkt zum Millenium Park und dem neuen Wahrzeichen von Chicago, der Cloud, aber wir sehen bald, dass wir über die Uferstraße auch dorthin kommen.

Die Cloud oder im Volksmund die Bohne liegt dann irgendwann vor uns, wir können aber nicht bis ran treten, da die Skulptur von einem Bauzaun umstellt ist. Irgendwie hatte ich mir die Bohne größer vorgestellt.

Weiter geht es zur größten Attraktion Chicagos, dem Brunnen aus dem Vorspann der Serie „Eine schrecklich nette Familie“. Dieser liegt auf einem großen Platz und mittels Youtube finden wir die Position, aus der dieses Bauwerk aufgenommen wurde.
Das ist in soweit interessant, weil sich seit den 80er Jahren die Skyline von Chicago deutlich gewandelt hat.

Als nächstes laufen wir dann in Richtung Innenstadt, bewundern die breiten Straßen und Häuserschluchten. Wir sind im Stadtteil Rivernorth und die Höhe der Häuser hat deutlich abgenommen.

Heute ist zwar Feiertag, aber die Geschäfte haben trotzdem geöffnet. Wir gehen in das größte Kaufhaus Chicagos, zu Macys und wandeln durch die Abteilung. Die Angebote sind interessant, interessanter ist allerdings die Architektur des Gebäudes, welches von Marshall Fields gebaut wurde und mit einem riesigen Deckenmosaik in der ersten Halle aufwartet.

Der zweite Teil ist ein Gebäude mit großem Innehof, über 11 Stockwerke, wovon Macys aber nur 7 nutzt. Im restlichen Bereich sind Büros. Früher war wohl das ganze Gebäude ein Warenhaus, aber auch hier in den USA hat sich das Kaufverhalten geändert und lokale Handel hat seinen Stellenwert verloren.

Gegen Mittag machen wir Pause bei Panda Express, ein Franchise für chinesisches Essen. Es gibt hier auch einen Cola-Automaten mit „free refill“ und so können wir unseren Flüssigkeitsbedarf ausgleichen.

Gestärkt gehen wir ins Hotel und ruhen etwas. Ich hatte mich im Vorfeld noch mit einem Freiberufler, der aktuell in Chicago weilt, verabredet, dass wir uns treffen und ich schlage vor, dass wir in einen Jazz Club gehen.
Nach einigen SMS haben wir uns verabredet. Um den Nachmittag noch zu nutzen ziehen wir uns wieder die Schuhe an, machen uns einigermaßen Clubfertig und laufen nochmal zum Fluss und laufen jetzt den Riverwalk in die andere Richtung bis zum Ende durch. Wir müssen unter etlichen Brücken durchlaufen. Inzwischen sind mehr Leute unterwegs, aber es ist immer noch sehr ruhig, so ruhig, dass an manchen Stellen des Flusses ein Angler auf den Fang des Tages wartet.

Wir machen noch eine Extra Runde, landen am Ende auf Michigan Avenue, der großen Einkaufsstraße in Downtown. Daniela findet das Fell des Krümelmonsters als Jacke und kann es für einen Schnäppchenpreis erstehen.

Inzwischen ist es halb sechs und wir gehen zum Jazzclub. Hier mussten wir Online Plätze reservieren, die wir jetzt einnehmen können. Es ist ein kleiner Club in dem heute Abend eine kleine Band aus meistens Bläsern eine Stunde Programm macht.

Wir kennen dies schon aus New York, man bekommt einen Slot von noch nicht mal zwei Stunden, isst während des Konzerts und wird am Ende freundlich aus dem Laden komplementiert.

Unsere beiden Gäste führen wir dann noch in die Sportsbar von gestern Abend, hier laufen gerade die letzten Minuten eines College Football-Spiels. Es sind viele Fans anwesend und man kann in der letzten Sekunde noch den Vorsprung durch beherztes Verteidigen retten. Die Gäste in der Bar rasten aus vor Freude und zwei junge Männer reißen sich das Shirt vom Leib und feiern mit freiem Oberkörper durch die Bar. Aber nur so lange, bis der humorlose Security Mitarbeiter ihn deutlich macht, dass sie sich doch bitte wieder korrekt kleiden sollen. Es ist ja auch zu kalt …

Zum Abschluss laufen wir noch zum London House, einem Hotel mit Rooftopbar, Unbehelligt können wir auf den Balkon gehen und haben einen fantastischen Blick auf das Herz von Downtown, den Fluss und die Brücken. Mit den Lichtern überall, das macht den Tag rund.

Abfahrt, Fulda – Chicago, Il

An letzten Tag des Jahres starten wir nächsten USA Trip.

Wir reisen sehr früh nach Frankfurt, wo dann hoffentlich unser Flieger nach Chicago pünktlich kurz vor neun startet und dann nach guten neun Stunden um elf Uhr Ortszeit landet.

Wir fliegen also dem alten Jahr davon und werden Mal schauen, wie man am Lake Michigan das neue Jahr beginnt.

Der Zug in Fulda fährt hier schonmal pünktlich um vier Uhr ab. Das sehen wir schonmal als gutes Zeichen.

Frankfurt erreichen wir auf die Minute pünktlich, vorher hatten wir noch einen kurzen Plausch mit dem freundlichsten Schaffner der Deutschen Bahn in der Welt. Ich habe ihn noch nie Tickets kontrollieren gesehen, daher ist er wahrscheinlich der Freundlichste.

Also bisher läuft alles bestens, wir freuen uns laut darüber und dann passiert beinahe das Unglück.
Wir wollen mit dem Aufzug von der oberen Ebene des Frankfurter Bahnhofs zu den S-Bahngleisen fahren. Das mache ich seit Jahren mindestens einmal in der Woche.
Wir steigen also in die leere Kabine, fahren einen Meter und dann stockt der Fahrstuhl. Zum Glück gibt es ein Notprogramm, welches uns im Schneckentempo wieder nach oben fährt.

Die Rolltreppe dauert zwar etwas länger, aber ist sicherer.

Aber heute läuft alles, auch den Flughafen erreichen wir planmäßig, geben unser Gepäck auf, reihen uns in die lange Schlange beim Sicherheitscheck ein und kommen auch hier flott durch.

Daniela hat am Vorabend ein Angebotsparfüm im Duty-Free im Voraus bestellt, dadurch spart sie nochmal 13 %. Aber die Vorgang ist entweder sehr neu, gänzlich unbekannt oder wird nie genutzt, jedenfalls macht der Prozess mehr Aufwand, als die gesamte Sache wert ist. Egal, wir haben ja Zeit.

Gegen 7:30 wird unsere Sitzreihe zum Boarding aufgerufen, zwanzig Minuten später dürfen wir endlich in den Flieger. Dieser ist bis auf den letzten Platz durch einige Nachrücker besetzt, aber die energische Crew hat die Passagiere gut im Griff und wir sind kurz vor 9 Uhr in der Luft.

Die Winde stehen günstig und wir sind landen mit dem Wind 45 Minuten zu früh in Chicago.

Hier ist es trüb, einzelne Schneeflocken fallen. Es ist eben Winter. Nachdem wir beim Zoll nochmal überprüft werden, ob wir nicht illegal Kartoffeln, Äpfel oder Mandarinen Schalen einführen, sind wir auch schon aus Flughafen draußen und fahren mit der Metro in die Innenstadt.
Die Fahrt dauert gut 50 Minuten, aber wir bekommen Unterhaltung durch einige gebrochene Gestalten, die mittels ein Bluetooth Box uns die Soulklassiker der 80er in Erinnerung bringen.
Es ist aber friedlich, wenn das mit dem Rauchen nicht wäre, müsste ich das hier garnnicht erwähnen.

Wohlbehalten landen wir in der Innenstadt. Chicago ist riesig, die Hochhäuser mit den Art-Deco-Elementen allesamt beeindruckend. Wir müssen bei Schmuddelwetter unser Hotel finden, aber es ist auch mit Gepäck fußläufig kein Problem.

Unser Glück geht weiter, unser Zimmer ist bereits jetzt fertig und wir können einziehen. Schnell die Koffer abladen und dann wieder raus, bevor der Jetlag reinkickt.

Das Hotel liegt mitten in Downtown, also machen wir uns schnell auf den Weg, finden einen Burgerladen und haben hier Lunch/Dinner.

Weiter geht es durch die Häuserschluchten von Downtown Chicagos. Der Wind bläst ab und an unangenehm, so dass wir, nur um uns aufzuwärmen, bei Michael Jordan in die Bar gehen.

Die Getränke sind hier aber ein wenig teuer und um es noch ein wenig authentischer zu bekommen, wechseln wir die Lokalität. Mother Hubbard oder Hubbards Mother, egal, die Musik, Leute und Getränke passen.

Gegen 19 Uhr Ortszeit machen wir eine Pause im Hotel und schlafen sofort ein. Den Wecker haben wir auf 21.30 Uhr gestellt, es fällt uns schwer jetzt nochmal aus dem Bett zu kommen. Aber um nicht morgen früh um 4 Uhr glockenwach zu sein und um die Sylvesterfeiern zu erleben, ziehen wir uns nochmal warm an und laufen zum Navy Pier. Nach einer großen Runde bis dorthin, erreichen den Pier gegeh 23 Uhr.

Auf dem Pier steht ein riesiges Gebäude mit Geschäften und Restaurants und unentwegt strömen dort Leute hinein, wir geraten in diesen Sog und laufen durch Massen von Menschen, die überall am Boden sitzen oder stehen.

Die Geschäfte haben fast alle geschlossen, die Restaurants sowieso. Also, warum sind die Leute hier? Scheinbar passiert hier noch was, weshalb tausende Menschen hier in der Mall warten.

Wir durchlaufen einmal die Mall, kommen wieder nach draußen. Wir entdecken die obere Etage der Außenanlage und verstehen zwanzig Minuten später auch, warum die Leute alle so gedrängt drinnen warten, es ist windig in der Windy City.
Auch wir finden dann aber noch ein trockenes Plätzchen zum Warten und pünktlich um 12 Uhr geht gegenüber der Pier in tolles Feuerwerk für die nächsten 10 Minuten in die Luft.

Links also das Feuerwerk über dem Wasser und rechts ist die tolle Skyline von Chicago. Auch hier wird entlang des Chicago Rivers geballert, aber lange nicht so spektakulär, wie hier am Michigan-See.

Gegen 01 Uhr nachts erreichen wir unser Hotel, die Bar des Hotels hat geschlossen, wir und einige andere Gäste schauen noch zu, wie in den westlicheren Landesteilen das neue Jahr eintrifft und gehen dann zu Bett.

Damit ist ist dieser 31-stündige Sylvestertag erfolgreich beendet.

Marokko – ZDF

Wir waren 15 Tage unterwegs, davon 13 mit dem Dacia Duster, der uns brav überall hingefahren hat. Wir sind ca. 2000 km in diesem Zeitraum gefahren, leider haben wir uns, wie immer, nicht den Tachostand notiert und die Rückgabeformulare waren hier alles andere als informativ.

In diesem Zeitraum haben wir in 10 verschiedenen Unterkünften übernachtet.

Zumeist waren es Riads, also landestypische Häuser mit einem Innenhof, um dessen Mitte die Zimmer nach innen zeigen und meist keine Fenster zur Straße haben.
Die Preise lagen zwischen 45 bis 90 EUR/Nacht, fast immer hatten wir dabei ein Frühstück mit dabei und ab und an auch ein Abendessen.

Die Mahlzeit im Hotel war oftmals das einfachste, zumal wir Marokko zu Beginn des Ramadan bereisten und einige Restaurants schlicht einfach geschlossen waren.
Aber wir sind nicht verhungert und wurden überall bestens bewirtet.

Diese Reise war die erste Reise in ein muslimisches Land. Das stellte aber überhaupt kein Problem dar. Die Leute waren in der Regel freundlich, offen und hilfsbereit.

Die Hilfsbereitschaft ging uns aber ein um das andere Mal zu weit. Sobald man mit dem Handy in der Hand, zu Fuß oder im Auto, versuchte sich orientieren, kam sofort ein mehr oder weniger freundlicher Marokkaner (nur Männer) an und versuchte uns mit größter Intensität, meist aber ohne genaues Verständnis über unser Anliegen, dieses um jeden Preis zu lösen.
Zumeist war das damit verbunden, dass man dafür einen kleinen Betrag zahlen musste.

Diese Geschäftigkeit war in den großen Städten allgegenwärtig und man musste sich oftmals sehr deutlich dagegen wehren. Das war schon etwas anstrengend, denn wenn man uns augenscheinlich freundlich begegnet, so will man dieses auch erwidern. Aber jede Höflichkeit wurde sofort als Einladung und Anbahnung eines zahlungspflichtigen Services verstanden.

Das genaue Gegenteil erlebten wir in unseren Unterkünften, hier wurden wir entspannt mit Abstand und Respekt behandelt.

Den Respekt vor der Polizei in Marokko haben wir auch teilweise verloren, leider. Polizeikontrollen stehen an allen großen Kreuzungen und Straßen im Land. Diesen Posten muss man sich langsam nähern und auf ein Zeichen der Beamten warten.
Einige male wurden wir angehalten und nachdem die Polizisten erfuhren, dass wir Touristen sind auch sofort wieder weitergeschickt.

Zweimal wurden wir aber in vermeintlichen Geschwindigkeitskontrollen von der Polizei aufgefordert eine Strafe zu zahlen, einmal waren es 300 und das andere Mal 400 MAD. Und jedesmal gab es das gleiche Schauspiel; dass wir nämlich zur Seite gebracht wurden, man sich den vollen Betrag hat geben lassen und als ich nach einer Quittung (Confirmation) fragte, erließ man uns als Touristen großzügig und als Zeichen der Gastfreundschaft einen Betrag von 200 MAD. Für den Rest gab es dann natürlich keine Quittung.

Auf der einen Seite hatten wir uns natürlich über solch einen Rabatt gefreut, auf der anderen Seite wurden wir hier offensichtlich übers Ohr gehauen.
Es geht schon etwas an die Substanz von Treu und Glauben, wenn man nicht mal mehr der Polizei vertrauen kann.

Die Kultur eines islamischen Staates will ich aber nicht an solchem Verhalten fest machen. Marokko liegt dicht an Europa und viele Familien haben Verwandte in Europa. Die meisten Menschen sprechen mehr als eine Sprache und mit ein paar Vokabeln französisch und englisch kommt man überall gut durch.
Das Land war auch schon offener in seiner Staatsform, der Islam hat heute wieder eine relevante Rolle im Alltag der Menschen.
Daher erscheint uns das Leben der Menschen bei näherem Hinsehen als fremdartig, auch wenn hier jeder mit westlichen Werten stetig in Berührung kommt.

Welcher Ort für uns am schönsten war lässt sich nur schwer beantworten. Die Orte waren sehr unterschiedlich und wir erkennen überall reizvolle Aspekte.
Am wohlsten hatten wir uns am Ende in Essaouira gefühlt. Das kommt aber sicher auch daher, dass es sich hier um die perfekte Mischung aus marokkanischem Leben und westlicher Lebensart über Jahrzehnte gebildet hat. Es ist auch nicht so, dass man hier nackt über den Strand laufen kann, aber die zwei Kulturen können hier nebeneinander existieren und man findet hier schnell Punkte, die genauso funktionieren, wie in der Heimat.

Wir werden sicher wieder nach Marokko reisen, auch wieder neue Bekannte besuchen. Ob wir allerdings wieder mit dem Auto reisen werden, steht noch offen. Zumindest werden sicher mehr Geld für ein Fahrzeug ausgeben als wir es diesesmal getan haben, um einfachen Ärger zu vermeiden.

Salé – Fulda

Der Rückreisetag startet sehr früh. Zum einen hat mich der Ramadan-Trommler gegen 3 Uhr geweckt, dann ein Hahn, der ständig die ersten 4 Töne von „Stille Nacht“ versucht hat zu krähen, aber immer am 4. Ton gescheitert ist und zum anderen ging der Wecker bereits um 4.45 Uhr.

Wir mussten schließlich um 6 Uhr unser Auto zurückgeben. Das war nie unser Plan gewesen, zumal unser Rückflug erst um 13.45 Uhr abheben sollte.

Aber wie schon einige Male zuvor beschrieben, wir waren nicht zufrieden mit unserer Mietwagenfirma Addcar.
Als wir das Fahrzeug abgeholt hatten, wies man uns vorwurfsvoll darauf hin, dass wir ja bei der Buchung angegeben hätten, dass wir das Fahrzeug um 6 Uhr morgens abgeben wollten. Wir schauten damals in unsere Unterlagen und ja, dort stand es, es war also unser Fehler.

Ich versuchte bei der Anmietung diesen Fehler zu korrigieren, aber mein Gegenüber hatte überhaupt kein Interesse daran, dies zu ändern, weil er damit 580 MAD zusätzlich berechnen konnte. Diesen Betrag mussten wir auch bereits vorab per Karte zahlen.
Ich hatte dann mehrfach während unserer Fahrt versucht dieses zu klären, aber unter insgesamt 6 verschiedenen Rufnummern war nie jemand zu erreichen.
Da fragt man sich, was wäre passiert, wenn jetzt ein ernsthaftes Problem aufgetreten wären.

Egal, wir hatten auf der gestrigen Fahrt nach Rabat tatsächlich einen Anruf vom Vermieter erhalten, ob wir tatsächlich um 6 Uhr unser Fahrzeug zurückgeben wollten.

Da hatten wir aber schon den Plan gefasst, dass wir an der Uhrzeit festhalten. Also sagte ich zu ihm, dass er pünktlich sein soll.

Wir waren 5.55 Uhr am vereinbarten Ort der Rückgabe, wer war nicht da, der Vermieter oder einer seiner Mitarbeiter. Nach kurzer Wartezeit riefen wir ihn und fragten unfreundlich, wo er denn bliebe.

20 Minuten nach Sechs war er dann da und wollte sich wortreich entschuldigen. Das ignorierten wir aber und konfrontierten ihn mit den Problemen, welches das Auto während der Fahrt hatte. Das sei alles normal und überhaupt kein Problem, war die pauschale Aussage. Naja, wir haben ihm noch ein wenig Dampf gemacht, so dass er auch etwas gehetzt war und unsere Kratzer unter den Tisch fallen ließ.

Gegen halb sieben saßen wir dann im Flughafen und warteten auf unseren Flieger nach Paris.

Die Zeit nutzten wir um den Blog weiterzuschreiben, da hatten wir die letzten Abende keine Zeit mehr gehabt.

Gegen 10 Uhr öffnete der Schalter von Air France für deren einzigen Flug des Tages, wir ließen uns Zeit und gelangten dann in den Abflugbereich.

Hier waren auf einmal alle Preise in EUR angegeben und konnte man vorher in der Halle nichts mit Karte zahlen, so war es hier dann wieder kein Problem. Duty Free, Essen, alles kein Problem.

Der Flug selber startete pünktlich, auch in Paris lief alles reibungslos und wir hatten sogar 90 Minuten nach allen Extrachecks, um einen französischen Bio-Wein zu trinken. Ich hatte auch eine Flasche gekauft, aber im Souvenirshop gab es keinen Korkenzieher zu kaufen. Auf die Idee sind sie wohl schon selber gekommen.

In Frankfurt mussten wir gut 20 Minuten aufs Gepäck warten, dann konnten wir aber ohne weitere Kontrolle direkt rauslaufen.
Eigentlich wollten wir den Bus zum Terminal 1 nehmen, um von dort mit dem Zug zum Hauptbahnhof zu fahren, aber als wir auf den Bus warten, da kommt der Linienbus 61 vorbei und der fährt direkt zum Südbahnhof. Hervorragendes Timing, dadurch erreichen wir noch den letzten Regionalexpress des Tages nach Fulda und sind so am Ostersonntag um 1 Uhr morgens in Fulda.

Essaouira – Salé

Heute beginnt unser letzter voller Reisetag und wir haben gut 5-6 Stunden Fahrt vor uns.

Noch ein letztes Mal genießen wir das Rauschen des Meeres und das Schreien der Möwen beim Frühstück, bevor unser Gepäck schultern und zum Auto laufen.

Leider können wir nicht an der Küste entlang fahren, sonst wären wir 7 bis 8 Stunden unterwegs. Also fahren wir ein Stück ins Landesinnere, um dort auf die Autobahn zu fahren.

Die Autobahn ist mautpflichtig und daher ist die Straße mehr oder minder frei.
Unterwegs halten wir zweimal an Raststätten, auch um einmal Diesel zu tanken. Dort sehe ich auch, dass die manuelle Reinigung eines PKW innen und außen 30 MAD kostet.

Das steht uns schließlich auch noch bevor, denn unser sonst stummer Autovermieter hat Daniela über WhatsApp wissen lassen, dass wir das Fahrzeug gereinigt übergeben müssen.
So ein Ansinnen hatten wir noch nirgendwo auf der Welt mitbekommen, aber was hilft es. Im Internet las ich zuvor, dass es bei einigen Vermietern in Marokko üblich sei, da ansonsten nochmal 200 MAD fällig wären. Diese Extragebühr wollten wir uns ersparen.

Aber jetzt schon auf der Autobahn das Fahrzeug waschen zu lassen, schien uns zu früh und so verschoben wir das Vorghaben auf unsere Ankunft in Rabat.

Um ja nichts zu verpassen fassten wir kurz vor Casablanca dann doch den Plan einen kurzen Abstecher zur größten Moschee Afrikas zu machen.
Casablanca, da hat man sofort den Film mit Humphrey Bogart im Kopf. Aber nichts aus dem Film wurde in Marokko gedreht, die meisten Szenen entstanden in einem Studio in Hollywood, bzw. in Algerien.

Eine Kollegin hatte uns schon von einem Besuch der wirtschaftlichen Hauptstadt Marokkos abgeraten, da die Stadt komplett ein gegenteiliges Bild zum Rest des Landes darstellt. Es gibt Hochhäuser, mehrspurige Straße und einen Wahnsinnsverkehr.
War in anderen Städten der Anteil zwischen Autos und Zweirädern fast halb-halb, so sind es hier in der Mehrzahl Autos. Verkehrsregeln werden als dezente Hinweise wahrgenommen, aber jeder fährt, wie er meint. Mit einem halbwegs neuen Auto würde ich dort nie hineinfahren.

Auf jeden Fall schaffen wir es mit einigen Herausforderungen bis zum Wasser, bis zur großen Moschee, schießen ein paar schnelle Fotos von dem imposanten Bau und lassen uns von Google wieder aus der Stadt leiten.

Die gleiche Idee hatten aber tausende von anderen Leuten auch und so dauert die Fahrt zurück zur Autobahn gefühlt 2 Stunden. Der Verkehr ist tückisch, sobald man als braver Deutscher etwas Abstand zum Vordermann aufbaut, nutzt diese Lücke der nächste Fahrer, um vermeintlich schneller voran zu kommen.

Wir hatten schon am Vorabend vom Barbesitzer Benny gehört, dass die Hupe in Casablanca sehr wichtig ist und der Verkehr während der Rushhour regelmäßig zum Erliegen kommt.

An der Polizei liegt es nicht, die stehen eigentlich an jedem Kreisel in Casablanca und versuchen das schlimmste zu verhindern.

Irgendwann sind wir wieder auf der Autobahn, die Mautgebühren halten sich auch in Grenzen, wir haben heute ungefähr 10 EUR gezahlt und sind 400 Kilometer flott vorangekommen.

Gegen 16 Uhr kommen wir in Rabat an und versuchen eine Waschanlage für unser Fahrzeug zu finden. Wir fahren bei mehr als 5 Stationen auf den Hof, verfahren etliche Kilometer, aber niemand will mehr unser Fahrzeug reinigen.

Zum Glück finden wir am Ende noch eine Selbstwaschanlage und so spüle ich den Saharastaub mit einem Hochdruckreiniger aus allen Ritzen des Fahrzeugs. Daniela wischt mit einem Geschirrtuch alle Flächen des Duster sauber. Am Ende saugen wir noch die Fußräume.

Endlich ist die Karre wieder sauber und wir können morgen beruhigt zur Übergabe fahren.
Neben der Waschanlage ist noch ein großer Supermarkt, ähnlich der Metro. Die Waren stapeln sich in großen Verpackungen auf Schwerlastregalen. Hier finden wir auch für 30 MAD einen kleinen Eimer mit Salzzitronen, den wir als Souvenir mit in die Heimat nehmen werden.

Es ist schon 18 Uhr als wir die Möglichkeiten zur Übernachtung überprüfen. Rund um den Flughafen, wo wir morgen um 6 Uhr sein müssen, finden wir keine schönen Unterkünfte oder Kettenhotels. Also erweitern wir den Radius. Nach Rabat wollten wir jetzt nicht unbedingt, also bleibt die Nachbarstadt Salé, die auch dichter am Flughafen liegt.

Hier finden wir ein günstiges Riad, buchen es und fahren dorthin. Der Verkehr in Rabat/Salé ist weit aus weniger stressig als in Casablanca. Wir zahlen wieder 2 EUR für den Parkplatz und laufen in die Gasse, wo unser Riad liegen soll.
Das Riad ist von außen fast nicht zu erkennen, aber die Einheimischen zeigen uns, wo der Eingang war. Auf unser Klopfen reagierte niemand, daher rief ich an und kurz danach wurde uns geöffnet.

Abermals, wie schon einige Male vorher, waren wir vom Inneren des Hauses überwältigt. Der Innenhof des Riads war größer als manches Einfamilienhaus in Deutschland. Hier wurde wieder auf sehr viel Stil geachtet.

Die Bezahlung des Zimmers im Keller verschieben wir auf später und gehen erstmal in ein nahegelegenes Restaurant und genießen hier unseren letzten Abend.
Auch hier sitzen wir wieder auf einer Dachterasse und ich esse am Karfreitag Rindfleisch. Ist wohl auch im Sinne eines ökumenischen Fastenprozess.

Als wir wieder in der Unterkunft angekommen können wir unsere letzten MAD zur Zahlung des Zimmers verwenden, ansonsten hätten wir in einem anderen Riad per Karte zahlen können.

Ich beginne den Mitarbeiter ein wenig über das Haus auszufragen. Er erzählt, dass es eigentlich vier Häuser waren und von einem Franzosen zu einem großen Riad umgebaut wurden. Das erklärt auch die riesige Dachterrasse, die aus vielen Ebenen besteht.

Von diesem Gespräch angeregt und weil er auch stolz auf das Haus ist, in dem er als Concierge und Hausmeister arbeitet, bekommen wir eine exklusive Führung durch alle Räume des Riads. Für uns ist eine Irrfahrt durch ein Labyrinth aus Gängen und Treppen, niedrigen Durchstiegen. Es ist nicht der absolute Prunk oder eine moderne, high-class Inneneinrichtung, die dieses Haus speziell machen, sondern dass jeder Raum mit Farbe, Holz ein authentisches Gefühl erzeugen.
Wir bekommen auch die prächtige Hochzeitssuite gezeigt. Das Haus verfügt über einen Fahrstuhl, wodurch auch die Dachterrasse für alle nutzbar ist.

Bei voller Belegung und außerhalb des Ramadan wird hier auch in zwei Küchen für die Gäste gekocht, ein toller Platz, um mit der ganzen Familie eine gute Zeit zu haben.

Essaouira

Im dritten Stock nehmen wir unser Frühstück ein, der Morgen ist mild, Azir bewirtet uns freundlich. Das Riad, in dem wir die zwei Tage leben, wird von zwei Frauen betrieben. Wenn wir es nicht gelesen hätten, wir hätte es nicht bemerkt. Man ist uns fröhlich und natürlich begegnet, einer Rolle, die der Frau aber in der arabischen Welt im Umgang mit Fremden aber nicht automatisch zufällt.

Am Morgen streifen wir weiter durch die engen Gassen der Medina, gehen über den Markt. Die Händler sind bei weitem nicht so aufdringlich, wie in Marrakesch oder Fes.
Unterwegs sehe ich eine Szene zwischen zwei Händlern. Der eine hat einen Wagen mit Kräutern und der andere einen Essensstand. Verzweifelt versucht der Kräuterhändler seine Ware dem anderen zu verkaufen, wahrlich verzweifelt. Als wir 10 Minuten später wieder an der Stelle vorbeikommen, stehen die beiden immer noch voreinander, der mit dem Restaurant werkelt in seiner Küche und bemüht sich ruhig zu bleiben und der Kräuterverkäufer weint bitterlich und sortiert mechanisch seine Waren. Wahrscheinlich ist hier eine lange Geschäftsbeziehung zerbrochen und Kräuterverkäufer kommt heute mit leeren Händen zurück zur Familie. Solche Bilder haben wir ein um das andere Mal in Marokko gesehen. Verzweifelte Familienväter stehen minutenlang vor den Geldautomaten, die wahrscheinlich schon länger kein Guthaben mehr ausgezahlt haben.
Das bringt auch uns Touristen wieder die Realität ins Leben, dass Marokko, bei aller Schönheit, ein armes Land ist, in dem viele Leute hart für ihre Existenz kämpfen.

Mit diesem Dämpfer gehen wir weiter in den Hafen. Hier soll es günstigen Fisch geben, den man sich in den Restaurants nebenan gleich zubereiten lassen kan.

Das Getümmel am Hafen ist groß, so dass wir die Lust verlieren auf diesem Weg zu essen und beschließen heute ganz normal ins Restaurant zu gehen. Soll bitte jeder, wie geplant, an unserem Essen verdienen. Der Fischer, der Händler und das Restaurant.

Mit genügend Schritten im Gepäck kaufen wir noch ein paar Postkarten und schreiben ein paar Gedanken für die Heimat.

Am Nachmittag bringen wir diese zur Post und gehen dann zu Bennys Jazzclub, wo ja ab 4 Uhr der Soundcheck startet.
Einer der Gitarristen von gestern spielt jetzt Bass, dazu gibt es noch einen neuen Gitarrenspieler, einen Keyboarder und einen Trommler. Die beiden Berliner sind noch nicht am Set.

Wir machen es uns im Eingang des Clubs bequem und wechseln jetzt mal die Rollen. Wir quatschen jetzt mit Benny Touristen an, damit diese in sein Restaurant kommen und am nächsten Abend, bzw. auch schon heute Abend zur Liveshow vorbeikommen.

Benny ist mit unserer Arbeit einverstanden, wir erhalten einen kurzfristigen, mündlichen Arbeitsvertrag und werden in kalten Getränken ausbezahlt.

Die Musiker proben heikle Stellen des Sets und am frühen Abend treffen auch die Berliner Sänger ein und wir erhalten einen Vorgeschmack auf den morgigen Abend. Es würde sich lohnen, aber wir müssen zurück.

Zum Abendessen sind wir wieder im Club und heute spielen die beiden Gitarristen vom Vorabend mit dem Keyboarder und dem Schlagzeuger von der Band des morgigen Tages einige Variationen von Popsongs. Der Keyboarder führt ein strenges Regiment.

Aber der Höhepunkt des Abends ist es, als wieder der Wirt in die Runde mit einsteigt und mit seinem Gesang den Abend zum Erlebnis macht.

Freundlich und etwas traurig verabschieden wir uns von Benny, versprechen einen lobenden Beitrag in Tripadvisor zu verfassen und allen von Essaouira und seinem Club zu erzählen. Möge er noch lange bestehen.

Marrakesch – Essaouira

Nach der Störung in der Nacht durch den Empfang packen wir nach dem Frühstück schnell unsere Sachen und verstauen diese im Auto. Am Parkplatz fragen wir noch kurz den Wächter, wie das hier in Marrakesch mit dem Taxifahren abläuft, denn wir müssen heute morgen noch zum kunstvoll gestalteten Garten von Yves St. Laurent, dem Garten Majorelle.

Hier hatten wir ja am Vortag das Zeitfenster 9.30 Uhr für den Besuch gebucht. Da es aber dort vor Ort keine Parkplätze geben soll, entschließen wir uns ein Taxi zu nehmen.

Während am Abend uns die Taxis immer anhupen und die Fahrer auf der ständigen Suche nach Fahrgästen sind, ist es am Morgen sehr viel schwieriger ein Fahrzeug zu bekommen. Lt. Google soll der einfache Weg 4 km sein. Mit dem Taxi sind wir fast 20 Minuten unterwegs.

Am Morgen hat es noch leicht geregnet, auch in der Nacht, aber jetzt ist es zumindest trocken, aber noch frisch.
Ich zeige mein Ticket am Handy bei der 9.30 Uhr Schlange vor und wir dürfen uns einsortieren.
Mit uns steht ein englisches Paar an, er hat zwei große Apparate um die Schulter und wir unterhalten uns. Er fotografiert sonst gerne Veranstaltungen wie das Wave-Gothic-Treffen in Dresden oder die Gay-Parade in New York, das macht er aber seit ein paar Jahren nicht mehr. Nicht aufgrund der Pandemie, sondern weil es immer kommerzieller auf diesen Feiern wird.
Außerdem ist er IT Architekt und hat in der Vergangenheit Prozessoren gebaut. Er freut sich, dass ich ihm über meine Begegnung mit Konrad Zuse berichten kann.

Um 9.30 Uhr erhalten wir Zugang zum Garten des Modeschöpfers. Unsere Hoffnung, dass wir nur auf wenige Leute treffen, da es ja organisierte Zeitfenster für den Einlass gibt, zerschlägt sich aber beim Eintritt und wir eilen schnell voran, um etwas Abstand von den Menschen zu bekommen, die sich überall vor den Fotomotiven in Stellung bringen.

Naja, nach 10 Minuten haben wir uns mit der Situation abgefunden und wir eilen durch die Anlage. Der bedeckte Himmel macht es zumindest einfach ein paar Bilder zu schießen. Aber richtig Freude macht es nicht.

Wir sind schon fast wieder am Ausgang, da erkennen wir auf einer Karte, dass wir einen Teil wohl übersehen haben. Dazu müssten wir jetzt nur 20 Meter zurück laufen, aber die bis dahin unauffälligen Ordner greifen jetzt ein und wir müssen nochmal die ganze Schleife laufen.

Das hat aber auch den Vorteil, dass wir jetzt beinahe alleine an den Sehenswürdigkeiten vorbeikommen.

Kurz vor dem Ausgang ist auch ein Shop mit Andenken und einigen Produkten aus der Modellinie von YSL feil geboten werden. Aber die Preise schrecken uns ab und wir verlassen den Garten, der im übrigen 15 EUR/Person Eintritt kostet.

Wir nehmen wiederum ein Taxi zu unserem Auto, er wollte 20 MAD mehr als der Fahrer auf der Hinfahrt. Die Taxameter scheinen hier alle defekt zu sein. Aber wir können ihn auf den niedrigeren Preis verhandeln. Am Ende gebe ich ihm die 2 EUR als Trinkgeld oben drauf, er freut sich, ich auch, denn ich lasse mir nur ungern vorschreiben, was ich als Belohnung vergebe.

Die Fahrt aus Marrakesch heraus ist unspektakulär, dauert aber gut 30 Minuten. Die Ausläufer der Stadt sind riesig.

Auf dem Weg nach Essaouria kommen wir wieder durch eine grünere Gegend mit viel Landwirtschaft. Die erhofften Ziegen auf Bäumen bekommen wir nicht vor die Linse, aber dazu gibt es auch am Boden genügend Futter aktuell für die Tiere.

Gegen 15 Uhr fahren wir auf den Parkplatz vor der Altstadt von Essaouria, bezahlen hier 140 MAD für 2 Tage.

Mit leichtem Gepäck laufen wir kurz zu unserer Unterkunft, erhalten hier uns Zimmer und fragen, um unser restliches Gepäck zu holen, ob wir den Handkarren vor dem Hotel benutzen dürfen. Dieser ist aber leider kaputt, so dass wir auf einen lokalen Dienstleister zurückgreifen, der uns dabei hilft, alles Gepäck aus dem Auto über den holprigen Weg zu transportieren.

Die Treppe im Riad hoch, da sind wir dann aber selber zuständig. Das Zimmer ist groß und schön, es gibt im 3. Stock eine tolle Dachterrasse und eine Treppe höher hat man auch einen tollen Blick auf den Strand.

Den genießen wir auch erstmal, gehen dann aber frohen Mutes in die Stadt, an den Strand und mit den Füßen ins Wasser. Kalt, mehr lässt sich da nicht sagen. Auch die Luft ist etwas über 20 Grad, aber man hält es aus.

Für den Abend folgen wir unserem Reiseführer aus 2019 und gehen ins Sams Fischrestaurant und werden hier köstlich bekocht.
Über den Abend sind es aber nicht viele Gäste, die hier einkehren.

Inzwischen ist es nach 20 Uhr und im Club nebenan startet live Jazzmusik. Erfreut nehmen wir Platz und lauschen zwei fingerfertigen Gitarrenspielern, die zum Rhythmus eines Drum-Computers improvisieren.

In der Lokalität wird auch Alkohol ausgeschenkt, die Preise sind schon gehoben deutsch, aber ohne Alkohol geht es billiger.

Höhepunkt des Abends, zumindest für uns ist es, als der Wirt des Ladens zum Mikrofon greift und im Stile eines traurigen Andalusiers mit arabischen Wort in die wilde Improvisation miteingreift. Das macht den Abend auf jeden Fall rund.

Als ich später mit dem Besitzer des Ladens mich unterhalte und er wissen will, woher wir kommen, bekomme ich große Augen. Denn auf meine Aussage hin, dass wir aus der Nähe von Frankfurt kämen, fragt er weiter „From Fulda?“
Schon dachte ich, dass unsere Ankunft mal wieder „Talk of the town“ wäre, aber nein, die Lösung ist einfacher. Er hat einen Bekannten, der in Loheland arbeitet. Die Welt ist klein.

Vor dem Club hängt auch ein großes Plakat, welches zwei Berliner Künstler für Freitag ankündigt. Da wir dann schon wieder in Richtung Rabat reisen werden, sind wir enttäuscht. Benny sagt aber, dass die zwei schon morgen Nachmittag hier proben werden und wir gerne vorbeikommen sollen.
Das werden wir gerne machen.

Auf dem Weg zurück treffen wir noch einen Karaoke Sänger, der in Fußgängerzone vereinzelte Touristen mit „Knocking on heavens door“ unterhält und am Hauptplätz sitzen die Einheimischen und lauschen marrokanischen Klängen von einem Banjo und einem Bongo.

Marrakesch

Nach dem Frühstück, neben uns sitzt ein introvertierter, sehr trainierter Lifecoach aus Belgien. Seine Lebensweisheit bezieht er aus Reisen nach Asien, aber Marokko findet er auch gut.

Wir auch, daher machen uns auf die Straße, besuchen den Bahia Palast in Nähe unserer Unterkunft. Wir sind noch früh für Touristen dran, aber der Palast ist schon gut besucht. So schieben wir uns von einem toll gekachelten Raum in den Nächsten, beschauen hübsch angelegte Gärten.
Es fällt in diesen Gebäuden auf, die für die Öffentlichkeit freigegeben sind, dass dort nie Möbel oder persönliche Dinge zu sehen sind. Kann natürlich auch daran liegen, dass die Räumlichkeiten nicht immer nur von ihren Erbauern genutzt wurden, sondern später auch von Besatzern als der Verwaltungssitz. Daher bekommt man immer nur 50 % der ehemaligen Pracht gezeigt, aber die ist schon beeindruckend.

Als nächsten Punkt der Tagesordnung wollen wir uns der Garten von Yves St. Laurent anschauen, stellen aber zum Glück fest, bevor wir dorthin aufbrechen, dass man Tickets nur Online kaufen kann und diese für den heutigen Tag schon vergriffen sind. Also buchen wir die Tickets für den kommenden Morgen um 9.30 Uhr.

Wo wir aber schonmal in Marrakesch sind, da gehen wir natürlich auch die Souks, den Basar. Es gibt wenig neues zu sehen, aber etwas findet man doch wieder. So kaufe ich nach „harter“ Verhandlung eine neue Ledertasche aus Ziegenleder für meine Kamera, endlich eine Männerhandtasche.

Der Basar von Marrakesch ist unendlich groß und erschöpft gehen wir am Nachmittag in unser Unterkunft, zumal das Wetter ungemütlich wird. Es fängt an zu regnen, der erste Regen seit 3 Monaten und es wird empfindlich kalt.

Für den Abend buchen wir uns ein Abendessen in einem vornehmen Hotel nahe unserer Unterkunft auf deren Dachterrasse.

Vorher marschieren wir abermals zum La Place und setzen uns bibbernd in eines der Dachcafes. Gestern waren hier noch alle Plätze belegt, heute ist es keiner mehr.

Kurz vor acht suchen wir unser Restaurant, Google Maps funktioniert auch hier in Marrakesch für Fußgänger nur suboptimal. Am Ende rufe ich, nur wenige Meter vom Eingang entfernt stehend, dort an, weil ich das 4-Sterne Hotel nicht erkenne, aber ein freundlicher Mitarbeiter holt uns auf der Straße ab.

Es regnet immer noch und die Temperatur sinkt auf 10°C. Die Dachterrasse ist für die 300 warmen Tage ausgelegt, so dass wir in einen beheizten Salon geführt werden und dort mit einem heute angereisten Paar aus Köln zu Abend essen.

Sie erzählt mir auch davon, dass die Salzzitronen, die ich in Marokko kennen und lieben gelernt habe, bei uns ein seltenes Gut sind und teuer erstanden werden müssen.
Wir müssen also die Augen offen halten, ob wir diese irgendwo günstig hier entdecken.